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Wir müssen Start-ups Kapital zur Verfügung stellen können und dürfen
Wir müssen Start-ups Kapital zur Verfügung stellen können und dürfen
Der Einzug digitaler Technologien in den Alltag gewinnt auch in der Gesundheitsindustrie immer mehr an Fahrt. Nicht zuletzt, weil Technologie-Unternehmen wie Apple oder die Google-Mutter Alphabet den Gesundheitssektor als wichtiges Geschäftsfeld ausgemacht haben. Die Symbiose von IT und Gesundheit bringt eine Fülle neuer Ideen und Produkte mit sich, die die Gesundheitsversorgung stark verändern werden und die vor zehn Jahren womöglich noch utopisch erschienen.
Es haben sich Forschungs-und Entwicklungszentren gebildet, in denen Menschen aus aller Welt zusammenkommen, sich gegenseitig inspirieren und Synergien heben. Berlin hat sich in Europa zu einem führenden sogenannten Hub („Netzknoten“) entwickelt. Die Gründerszene, die sich in den vergangenen Jahren hier gebildet hat, ist bemerkenswert und vergleichbar mit der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts. Eine der größten Herausforderungen war und ist dabei die Finanzierung.

Der steinige Weg von der Idee zum Produkt verlangt von Unternehmensgründern einen langen Atem. Jeder von ihnen benötigt dabei zwingend Kapital zur Entwicklung. Die Gründungs- und Risikokapitalfinanzierung erfolgt bei Start-ups in erster Linie durch Eigenkapital. Der natürliche Gedanke der meisten Menschen in Deutschland, dass hierfür die Banken zuständig seien, trifft hier selten zu. Denn Banken stellen meist nur Fremdkapital, also Kredite, zur Verfügung. Um einen Kredit gewähren zu können, muss die Bank bestimmte Sicherheiten prüfen, die Start-ups üblicherweise noch nicht bieten können. Die passenderen Quellen der Eigenkapitalfinanzierung sind hier vermögende Privatpersonen oder Risikokapitalfonds (Venture Capital). Letztere sammeln Geld von Versorgungswerken, Pensionskassen, Versicherungen oder Privatpersonen ein und investieren dieses dann in Beteiligungen an Start-ups.
So weit, so gut, also wo liegt das Problem? Deutschland hat einen klaren Standortnachteil für Start-ups, da es hier zu wenig Risikokapital gibt. Das gilt auch für den Bereich Digital Health. Dieser Nachteil ergibt sich zum einen aus dem über Generationen vererbten Vorsichtsprinzip in unserer Gesellschaft und zum anderen aus einer strengen Regulatorik, die wahrscheinlich auch nur das Ergebnis des Vorsichtsprinzips ist.
Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen werden gesetzlich gezwungen, einen Großteil der ihnen zur Verwaltung anvertrauten Mittel in Anlagen mit hoher Bonität und Sicherheit anzulegen. Dies führt zu einem zu geringen Anteil von Risikoanlagen mit höherem Wachstumspotenzial, zum Beispiel von Aktien oder Start-up-Beteiligungen. Unter Diversifikationsaspekten ist dies nachteilig für die Gesamtentwicklung der Kapitalanlagen. Laut einer Umfrage von Mercer aus dem Jahr 2018 lag die Quote von Eigenkapitalanlagen deutscher Versicherer bei gerade einmal 12 Prozent. Das liegt deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 28 Prozent. Vor diesem Hintergrund haben in Deutschland ansässige Risikokapitalinvestoren Mühe, große neue Fonds aufzulegen. In anderen, mutigeren Regionen wie England, den USA und zunehmend auch China sind dagegen Venture-Capital-Fonds im dreistelligen Millionenbereich gang und gäbe.
Die Konsequenz für junge Gründer ist hierzulande, dass sie sich ihr Kapital dort suchen, wo es quasi mit der Gießkanne ausgeschüttet wird. Die Bewertungen von vergleichbaren Unternehmen diesseits und jenseits des Atlantiks unterscheiden sich um ein Vielfaches, einfach nur aus dem Grund, weil in Nordamerika genug Geld vorhanden und die Risikoaffinität höher ist. Natürlich kommt bei solchen Bewertungsunterschieden sehr schnell der Gedanke an eine Blase auf, die irgendwann auch platzen kann. Fakt ist aber, dass man sich durch hohe Investitionen heute technologisches Know-how der Zukunft kaufen und andere Regionen einfach abhängen kann.
Die Folge ist, dass die Googles, Amazons oder Apples dieser Welt unseren Alltag in der Zukunft beeinflussen und bestimmen können – auch bei der digitalen Gesundheit. Wenn Deutschland hier künftig eine zentrale Rolle spielen möchte, müssen wir heute den Gründern im Gesundheitswesen das dringend benötigte Kapital zur Verfügung stellen können und dürfen. Dafür gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Mutige Investoren wie zum Beispiel der SAP-Gründer Dietmar Hopp und die einstigen Hexal-Gründer Andreas und Thomas Strüngmann können dafür als Vorbilder dienen. Ein wichtiger Schritt wäre auch mehr regulatorische Freiheit für institutionelle Investoren, damit sie im Rahmen einer ausgewogenen Diversifikation ihres Anlageportfolios mehr in Aktien und Risikokapital investieren dürfen.
Von Kai Brüning, Senior Portfolio Manager Healthcare der Apo Asset Management GmbH (apoAsset) - erschienen in der Zeitschrift PflegeManagement, Ausgabe August / September 2019
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